Die documenta 14 hat alle Besucher-Rekorde gebrochen. Die Veranstalter zählten 891.500 Besucher während der 100 Tage dauernden Ausstellung in Kassel. In Athen seien die Orte der documenta 14 über 339.000 Mal besucht worden, so die Macher.
Die Ausstellung sorgte für kontroverse Diskussionen. Zunächst gab es Beschwerden, warum die Schau in Athen stattfinde. Dann wurde dem künstlerischen Leiter Adam Szymczyk und seinem Team vorgeworfen, die Kunst sei zu politisch, außerdem gab es massive Kritik wegen des Millionendefizits der Schau.
Im Juni 2017 war ich in Kassel, um mir ein eigenes Bild von der documenta zu machen. Dabei habe ich mich mit zwei Themen beschäftigt: Der Frage, ob es sich lohnt, die documenta zu besuchen.
Hier ein Ausschnitt aus meinem Bericht im Sonntagsblatt, der hier komplett nachgelesen werden kann:
Documenta 14 ist größte Kunstschau der Welt
Die documenta 14 gilt mittlerweile als größte Kunstschau der Welt, und sie ist zweifellos sehenswert, auch wenn das Unterfangen, alle Werke der 160 Künstlerinnen und Künstler aus aller Welt zu erfassen, von vornherein zum Scheitern verurteilt ist. Die documenta ist ausgesprochen vielschichtig und komplex – und ganz schön sperrig, wie schon zu Beginn des Events deutlich wurde.
Als der künstlerische Leiter Adam Szymczyk vor zwei Jahren verkündete, dass der erste Teil der Ausstellung in Athen stattfinden werde, hagelte es Proteste. Inzwischen gibt es seitens der Medien ebenso viele kritische wie positive Stimmen, wie Pressechefin Henriette Gallus betont. Das Konzept hat sich offenbar bewährt.
»Die Menschen befinden sich in einer lebensbedrohlichen Situation«, erklärt Leiter Szymszyk. Es gebe immer mehr repressive, kannibalistische Regimes, die Menschen wegen ihrer Hautfarbe, ihrer Religion oder wegen des Zugangs zu Ressourcen töteten. Zudem stehe die Menschheit kurz davor, ihren natürlichen Lebensraum, den Planeten Erde, zu zerstören. Die documenta 14 wolle sich einer »emanzipatorischen Bewegung anschließen, die sich der Passivität und Unausweichlichkeit der Situation, in der wir uns befinden, entgegenstellt«, so Szymczyk.
Künstlerischer Leiter Szymczyk bricht mit Traditionen
Tatsächlich hat Szymczyk alte Gewohnheiten und Traditionen durchbrochen. Statt die gesamte Schau mit der eigenen Handschrift zu versehen, setzte er auf ein Kuratorenteam von zwölf Personen und flache Hierarchien. Sein Team bezeichnete er als anarchisches Piratenschiff, das durch ein Kunstmeer gesteuert werden müsse. Bei der dreistündigen Eröffnungskonferenz präsentierte sich Szymczyk konsequenterweise inmitten von rund 200 Künstlern, Mit-Kuratoren und Mitarbeitern.
Diese Art zu Arbeiten war für die Entwicklung der Schau nicht immer einfach, sagt Pressechefin Gallus: »Es gab zehnstündige Sitzungen mit dem kuratorischen Team, aus denen wir ergebnisoffen herausgingen«. Doch habe die Zusammenarbeit zu interessanten, wenngleich widersprüchlichen Antworten geführt. Die besten Kunstwerke haben wir in unserem Special zusammengestellt.
Zersplitterung der Kunstwerke und Orte
Wer nach einer künstlerischen Linie sucht, wird bitter enttäuscht. Vielmehr spiegelt die documenta 14 dieselbe globale Zersplitterung wieder, die unsere Gesellschaft durchdringt. Das Fridericianum, die documenta-Halle oder die Satelliten-Ausstellungen im Stadtraum bilden eigenständige Inseln, auf denen seltsame Pflanzen gedeihen. Da ist die alte Hauptpost, die nun »Neue neue Galerie« heißt und mitten in einem Brennpunkt-Viertel liegt. Jetzt spazieren Kunstfans über den Platz, an dem sich Junkies, Dealer, Alkoholiker und Straßenprostituierte treffen und bis vor kurzem noch Polizei-Razzien stattfanden. Da sind die Glasspavillons an der Kurt-Schumacher-Straße, die in einer eher trostlosen Ecke der Stadt plötzlich zum Leben erwachen. Und da ist der umstrittene Appell der documenta-Macher, die Holländische Straße in Halitstrasse umzubenennen, um an Halit Yozgat zu erinnern, dem neunten Opfer der NSU-Mordserie.
Documenta will einen vielstimmigen Chor der Meinungen erzeugen
Die Ausstellung in Kassel ist kein Blockbuster-Veranstaltung mit populären Selfie-Motiven und schillernden Promis, sondern eine permanente Irritation für den Betrachter. Statt Führungen von Experten gibt es Spaziergänge, bei denen sogenannte Choristen mit den Besuchern ins Gespräch kommen über die Kunst – so soll ein »vielschichtiger Chor« unterschiedlicher Meinungen entstehen. Dazu passt auch, dass die Begleitausstellungen der Kirchen von den Machern angenommen wurden und inhaltlich perfekt in das Konzept der documenta passen.
Wer sich das Werk der Künstlerinnen und Künstler erschließen will, muss auf sein eigenes Urteil vertrauen, denn es gibt keinen Katalog, der die Werke verzeichnet und erläutert. Die Besucher werden ganz bewusst allein gelassen – sie sollen altbekannte Muster und Gewohnheiten verlernen und neue Wege beschreiten. »Es sind Momente des Nicht-Verstehens, die fundamental sind für die Erfahrung von Kunst. Alles andere wäre keine Kunst, sondern Innenausstattung«, erläutert Szymscyk. Ob partizipative Kunst, herkömmliche Malerei, konzeptuelle Werke oder Performance – alles ist möglich, alles gewünscht. Das ist Stärke und Schwäche der Schau zugleich.
documenta 14: Religion, Glaube und Spiritualität
Der zweite Artikel geht auf eine besondere Spurensuche. Die documenta 14 widmete sich intensiv den Themenbereichen Religion, Glaube und Spiritualität. In meiner Übersicht im Sonntagsblatt stelle ich die wichtigsten Kunstwerke und Installationen.
Der Artikel kann hier nachgelesen werden.